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Sind Schnecken tatsächlich "Gruppentiere"?

Gedanken zum Leben im Gruppenverband:
Was mich schon länger beschäftigt: Ist die These eigentlich wirklich so zutreffend? Würden Fulis (und auch andere Schneckenarten) tatsächlich immer den engeren Kontakt zu ihren Artgenossen wählen, wenn sie auch anders könnten?
Ja, auf Bildern sieht man tatsächlich sehr häufig mehrere Fulis (oder auch Cornus) im Gruppenverband - also, um es mit dem Fachbegriff auszudrücken "pulkiert" -  schlafen. So ja auch unsere eigenen Beobachtungen an unseren Fulis. Nun sah ich aber auf Videos eigentlich immer nur einzelne Fulis umherrobben - sprich, sobald sie aktiv unterwegs sind, tun sie das nicht unbedingt im Gruppenverband, sondern solitär! Meine Gedanken, die aus diesen Beobachtungen resultieren sind nun folgende: Vielleicht schlafen Fulis (Cornus/andere Schneckenarten) zwar im Pulk, vermutlich aus Gründen der Sicherheit, aktiv sind sie aber eher einzeln unterwegs, sofern sie die Möglichkeit dazu haben - in der Enge eines Terras können sie das natürlich nicht und sind gezwungen, sich im Verband zu bewegen.
Wie sieht das mit der Futteraufnahme in Freiheit aus: Findet man da auch immer mehrere Fulis zusammen am "gedeckten Tisch" oder auch eher Einzeltiere an einem Futterstück?
Ja - ich weiß, mit diesen Gedanken stelle ich die These der gewollten und benötigten "Pulkierung"mal wieder infrage. Aber das tue ich ja auch nur, um Irrtümer möglichst auszuschließen. Wir müssen einfach in alle Richtungen denke, oder nicht?! Ich glaube und befürchte tatsächlich, dass in der Schneckenhaltung viele Haltungsempfehlungen auf Irrtümern basieren.

 

Ohne Zweifel findet eine Interaktion zwischen den Tieren statt, sowohl im Terra, als auch in der Natur - das steht vollkommen außer Frage! Jedoch ist eine Frage, ob derart gestaltete Interaktionen in der Natur ebenfalls so häufig und intensiv vorkommen. Oder ob das dauernde Treffen auf "Kollegen" und diese permanenten Interaktionen nur in und aufgrund der Enge eines Terrariums stattfinden und somit nicht doch eher ein Stressfaktor sein könnte? Eine weitere, sehr interessante Frage wäre, ob sich Schnecken nur im Terrarium ständig und in sehr kurzen Zeitabständen verpaaren, oder ob dies in der Natur auch so passiert, etc.
Die Sache mit der permanenten Vermehrung bei Terrarienschnecken ist sowieso ein Punkt, der mir nach wie vor zu Denken gibt. Ich vermute - wenn ich mal Vergleiche zu Fischen anstelle - dass es eben nicht natürlich ist, dass alle 4 Wochen geeiert wird (bei Fulis), denn dies hat vermutlich ein frühzeitiges Ermüden, bis hin zur völligen Erschöpfung der Geschlechtspartner zur Folge (um dem entgegenzuwirken, bedarf es in meinen Augen eben unbedingt eine vermehrte Gabe von Proteinen in Kombination mit Ca!). Man kennt das von Fischen in der Aquaristik. Sie produzieren permanent neue Gelege und ziehen Bruten hoch, regelrecht, bis sie tot umfallen. Dem gegenüber stehen z. B. aber  Lebendgebärende, die wirklich ständig Nachkommen produzieren - das liegt so in ihrer Natur. Diese Arten werden i. d. Regel aber auch nur 2-3 Jahre alt. Eine Fuli aber, kann bis zu 8 (10?) Jahre erreichen, wenn alles passt.

Nur, weil wir unsere Schnecken (Fulis) beim Schlafen dabei beobachten, dass sie offensichtlich eine "Pulkierung" vorziehen, sollte uns das nicht gleichzeitig schlussfolgern lassen, dass sie in der Natur in ihrer aktiven Zeit (also allabendlich) in Freiheit ebenfalls bevorzugt oder bewusst gewollt in Gruppen auftreten oder schlafen.

Die Bilder, welche wir im Internet von z. B. traubenartig versammelten Fulis, Cornus oder Ovums finden, die ihre Tagruhe am Stamm eines Baumes oder Strauches unter Blättern verbringen, sind nur Momentaufnahmen.
Was wirklichen Aufschluss über das tatsächliche Verhalten der Tiere bringen würde, wäre eine Studie im natürlichen Habitat der Schnecken.
Einige Videos von Fulis in einer Wohnanlage in Amerika zeigten, dass diese dort ansässigen Fulis z. B. nicht im Pulk schlafen!

In Gespräche mit Schneckenzüchtern und Haltern hörte ich heraus, dass die verschiedensten Arten (Fuli, Ovum) durch langjährige Haltung als Terrarientiere nicht mehr die Größe ihrer wildlebenden Verwandten aufweisen, sprich, dass sie ihr natürliches Wachstumspotenzial nicht mehr erreichen.
Um dieser "Verzwergung" oder dem "Verfall" entgegenzuwirken, bedient man sich (zu Recht???) dem Einkreuzen von "Wildfangtieren".
Was, wenn Schnecken im Terra aufgrund falscher Ausgangs-Informationen ( abgeleitet von der Haltungsform von Züchtern in Afrika zur Fleischgewinnung)  in viel zu großen Gruppenstärken gehalten werden?

Ich habe nach wie vor das Gefühl, dass dieses häufige Paaren (insbesondere bei den Fulis zu sehen, vermutlich auch bei vielen anderen Lissachatinas; Craveni sind auch ein sehr gutes Beispiel!) daher rührt, weil sich potenzielle Geschlechtspartner aufgrund der Enge in der Terrarienhaltung und der eigentlich viel zu hohen Populationsdichte, ständig über den Weg laufen. Hier kommt regelrecht ein Paarungsdruck auf. Ich habe so ein Gefühl, dass es eben nicht "artgerecht" ist - wie immer wieder behauptet wird - einen ganzen Trupp von Schnecken in relativ beengten Verhältnissen zu pflegen! Ich denke mir, dass vermutlich einige, wenn nicht gar die meisten der althergebrachten und ursprünglichen Haltungsempfehlungen aus Afrika kommen, nämlich von den Betreibern der dortigen Schneckenfarmen! Wenn dem so ist, sollten wir wohl diese Empfehlungen grundlegend überdenken, denn die Art, wie Schnecken dort gehalten werden, ist auf Effizienz in Bezug auf möglichst gewinnbringende Vermehrung und Fleischgewinnung (Mästung) ausgerichtet und hat nichts mit dem zu tun, wie diese Schnecken in freier Wildbahn leben!

Eine Schnecke, die anfängt sich zu reproduzieren, steckt fortan ihre meiste Kraft und Energie in die Ei-Entwicklung. Dadurch bleibt "nicht mehr viel übrig" für das Wachstum. Fazit: Die Schnecken bleiben kleiner, als gewöhnlich.
Die Aussage mancher Züchter, dass sie ihre Zuchttiere entweder allein oder mit ganz jungen (nicht geschlechtsreifen) Schnecken pflegen, damit sie ihre volle Größe erreichen können und sich eben nicht fortwährend paaren, scheint mir meine These zu unterstreichen, dass der sogenannte - und von vielen Schneckenhaltern beklagte - "Verfall" der Tiere darin (zumindest zum Teil) begründet liegen könnte!
Das wirft doch auf die Frage auf, warum wildlebende Verwandte viel größer werden ein ganz anderes Licht. Die Antwort könnte sein: weil wir sie auf zu engem Raum in zu größer Stückzahl pflegen, wodurch sie sich ständig paaren!

Und nicht die gängige und evtl. falsche, welche besagt, dass durch Inzuchtprobleme (die es bei Schnecken ja gar nicht gibt!) die Tiere immer hinfälliger und kleiner werden. mit den Schultern zu

 

Ein weiterer Grund für die Verzwergung von Schnecken kann durchaus darin begründet liegen, dass viele "Experten" dazu raten, ihren Schnecken nur einmal pro Woche Proteine zu verfüttern. Gerade aber heranwachsende Tiere benötigen weit häufiger Proteine, um gesund wachsen zu können. Liegt ein Proteinmangel vor, entstehen - nicht nur bei Schnecken! - Schäden wie z. B. Zwergenwuchs, der auch später praktisch kaum mehr auszugleichen ist!